Freitag, 25. September 2009

Die Verkehrslage in Arusha

Man muss es gar nicht drauf anlegen, um in Tansania Opfer eines Verkehrsunfalls zu werden. Es reicht völlig aus, einen Moment lang in Gedanken vertieft auf die Straße zu treten und schon kann man sich sicher sein, in Lebensgefahr zu schweben.

Ich neige fast dazu, zu sagen, dass es hier keine Verkehrsregeln gibt- sie sind zumindest nicht erkennbar. Niemand achtet auf so etwas wie “rechts vor links”, Straßenschilder kennt man hier nicht und das Fehlen von Ampeln trägt ebenfalls zu dem Chaos bei.

Neben Taxen, Safari-Jeeps und den teuren Schlitten der weißen Botschafter fahren die klapprigsten Gestelle von importierten chinesischen Toyota-Kleinbussen, die zum Transport der vielen Fußgänger dienen. Diese und immer im Straßenbild zu findene Reisebusse, die man lieber nicht nutzen möchte, haben sich den Titel “ kitschiges Wohnzimmer auf Rädern” bestens verdient. Je nach Geschmack kann man zwischen Inneneinrichtungen aus rotem Lack, beige-farbenem Leder oder knallbuntem Plüsch wählen. Oft fühle ich mich in das Empfangszimmer einer alten ostdeutschen Familie versetzt, aber auch das ferne Las Vegas lässt mit knallbunten Leuchtreklamen in solchen Verkehrsmitteln grüßen.

Wenn man jetzt schon denkt, auf Arushas Straßen muss die Hölle los sein, hat man sich getäuscht. Es gibt nämlich noch diverse weitere Verkehrsteilnehmer: fast auseinanderfallende Fahrräder transportieren Waren, die jeden Augenblick herunterzustürzen scheinen. Der von mir gesichtete Rekord waren 15 Matratzen-- auf dem Gepäckträger eines Drahtesels! Desweiteren wagen sich “pikipiki” in das rege Treiben; es sind Mopeds, an denen die Tansanier ihrer Kreativität freien Lauf lassen und sie mit allem, was man so finden kann, dekorieren. Oftmals sind sie von diesen “verschönernden” Applikationen so abgelenkt, dass der ein oder andere Fußgänger von ihnen erfasst wird. Es ist nicht schön, das mit ansehen zu müssen.

Auch die Tierwelt hat Spaß daran, den Verkehr aufzuhalten. Freilebende Hühner wackeln neben, ihren Besitzern entlaufenen, Ziegen die Straßen entlang oder genießen den Komfort auf einem der vielen Busdächer.
Und dann die vielen Menschen, die sich zwischen all diesen Verkehrsteilnehmern durchzwängen,-drängen und -quetschen müssen, da es leider keine oder nur sehr wenige Bürgersteige gibt.

Ich muss etwas zurücknehmen, eine inoffizielle Regel scheint sich im Laufe der Jahre etabliert zu haben: derjenige, der am lautesten und längsten auf seine Hupe drückt (sofern vorhanden), hat somit angekündigt, dass er mit einer irren Geschwindigkeit drauflosbrettern wird, in der Hoffnung, alle andern würden zur Seite gehen, springen oder fahren. Nach diesem Prinzip werde ich auch als Fußgänger gerne von hinten angehupt. Ich nehme an, es soll eine Vorwarnung sein, sie ist nur meistens leider recht überflüssig, weil der Warnende praktisch schon an meinen Fersen klebt.

Seitdem man mich gewarnt hat, Weiße würden ganz gerne auch mal absichtlich angefahren werden, weil sie aufgrund ihrer Hautfarbe ja immer Schuld an einem Unfall hätten, habe ich es mir angewöhnt, besonders aufmerksam zu sein.

Doch nicht immer liegt meine Sicherheit in meiner Hand. Erst gestern stand ich an einer sehr stark befahrenen Straße, als ich von dem lauten Platzen eines Reifens erschreckt wurde. Es war eines der vielen Daladalas, die mich bisher jeden Tag sicher zur Arbeit gebracht hatten. Es schlingerte ein bisschen, konnte sich aber wieder fangen. Und heute morgen auf dem Weg zur Arbeit knallte es auf einmal laut und ich dachte schon, oh nein, böses Omen! Aber es war ein Rohr an der Unterseite des Kleinbusses, das sich gelöst hatte. Es wurde dann so lange geknickt und gedreht, bis es der Muskelkraft des Schaffners nachgab. Und weiter ging die Fahrt. Ich hatte ein bisschen Sorge, schließlich haben normalerweise alle Rohre an einem Auto auch einen gewissen Zweck!

Bisher habe ich mein Ziel aber immer heil erreicht und gedenke es auch in Zukunft so zu halten.

Bis bald, Safari njema!!

1 Kommentar:

  1. Hallo Tabea, habe eben ueber Dein Leben in Tansania gelesen - toll geschrieben! Dein Aufenthaltsplan klingt sehr interessant, aber auch ziemlich anstrengend, wuensche Dir wunderschoene Zeit in Afrika! Hast du dich denn schon etwas an das Gekreische gewoehnt? Ehrlich gesagt als ich deinen Bericht las, taten mir Ohren weh!!;-) Werde versuchen Deinen Blog zu verfolgen, wenn die Zeit da ist.. viele liebe Gruesse von uns aus Krakau: Gracja, Leschek und unsere kleine Bianka!

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